Prozessbeginn "BAMF-Skandal" in Bremen

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15.4.2021
Anzweiflung von Fluchtursachen als Mittel politischer Repression

Heute begann der Prozess des dreijährigen "Bremer BAMF-Skandals", der eigentlich keiner war. Das Bundesinnenministerium, mit Horst Seehofer als Bundesinnenminister, warf der ehemaligen Leitern der Außenstelle des Bremer BAMF vor, tausende von Asylentscheidungen ohne genauere Prüfung positiv beschieden zu haben. Im Zuge dessen wurde ihr außerdem die Konspiration mit Rechtsanwält*innen sowie Bestechung vorgeworfen.

Was folgte, war ein Sturm der Entrüstung und wüsten Anschuldigungen gegen die verdächtigten Personen. Obwohl sich schnell abzeichnete, dass die Leiterin des BAMF in den ca. 18.000 besagten Fällen den bestehenden Schutzanspruch korrekt erkannt hatte, war der „Skandal“ perfekt.
Der nun anstehende Prozessbeginn am Bremer Landesgericht setzt sich nur noch mit wenigen Nebenanklagen auseinander, nachdem es im November 2020 entschied die Hauptanklagen abzulehnen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt zeigte sich, wie konstruiert der „Skandal“ in Wirklichkeit gewesen ist.

Horst Seehofer sowie Stephan Meyer von der CSU wurden ihrem populistischen Image wieder einmal gerecht, als sie von bandenförmigen Strukturen innerhalb des BAMFS sowie involvierten Rechtsanwält*innen sprachen. Was das deutsche Innenministerium und die Bremer Staatsanwaltschaft mit ihrem Verhalten ausgelöst haben, ist der eigentliche Skandal.
Der Skandalisierung der positiven Bescheide führte zu der Überprüfung zehntausender positiv beschiedener Asylbescheide. Personen, denen ein Schutzstatus zugesprochen wurde, mussten sich erneut in die belastende und retraumatisierende Situation der Bescheidsüberprüfung begeben. Was dies in den Einzelfällen ausgelöst hat, kann nur erahnt werden.
Wir als Flüchtlingsinitiative Bremen fragen: Wie kann es sein kann, dass Ministerien und einzelne Politiker*innen ohne jegliche Grundlage eine Anschuldigung, von solch riesigem Ausmaß, verbreiten und aufhetzen können? Wo bleiben die Konsequenzen für die Verantwortlichen?
Wo bleibt eine längst überfällige Entschuldigung an betroffene Personen?

Horst Seehofer hatte in der Zwischenzeit die Gelegenheit das externalisierende Grenzregime weiter auszubauen. Anstatt Lösungen für die Situation, in beispielsweise Moria, zu schaffen, erzählt er von einer europäischen Lösung, die weit, weit entfernt scheint! So wartet die Bundesregierung ab, anstatt Menschen in der BRD aufzunehmen und menschenwürdiges Leben zu sichern!
Durch die Anzweiflung von Fluchtursachen ist es den Verantwortlichen in ihrer privilegierten Machtposition gelungen, Menschen zu demütigen und eine erneute Existenzbedrohung zu schaffen. Die Entwicklungen der letzten drei Jahre rund um den BAMF-Skandal verdeutlichen, dass politisches sowie gesellschaftliches Misstrauen gegenüber Flucht in die EU und Deutschland instrumentalisiert wird, um staatspolitische Interessen voranzutreiben.
Dabei wird immer wieder außer Acht gelassen, dass Politiker*innen in den Landesregierungen oder auch im Bundestag nicht alle in Deutschland lebenden Menschen repräsentieren, sondern einen eher kleinen, homogenen Teil. Dadurch erfolgt eine Reproduktion von Machtverteilungen, die sich zum Nachteil Vieler auswirkt. Rechte Hetze, die u.a. einen Nährboden in eben solchen „Skandalen“ findet sowie eine nationalistische Weltanschauung wird nicht entgegengewirkt. Durch Ignoranz in Richtung Rechts, und damit ist nicht nur Rechtsaußen gemeint, können Politiker*innen Skandale erfinden und politisch nach ihren Vorstellungen darauf reagieren.

Akteure wie die Bremer Flüchtlingsinitiative können staatliche Repression nicht verhindern. Was wir tun und tun werden: Beobachten und kundtun, dass wir nicht einverstanden sind und durch Solidarität Widerstand leisten! Unser Ziel ist es gegen ebendiese Repression mithilfe von kritischer Auseinandersetzung sowie Selbstreflexion standzuhalten. Wenn die gesamte Gesellschaft nach rechts rückt, bedarf es einem ständigem Gegenwirken, um sich von einer solchen Entwicklung distanzieren zu können. Wir weigern uns, die heute geltenden gesellschaftlichen Normen bezüglich Menschenfeindlichkeit hinzunehmen!