Kampagne

Transnationale Aktionskette für Bewegungsfreiheit!

04.09.2025

Die transnationale Aktionskette wird in zwei Monaten beginnen: um an den Sommer der Migration von 2015 zu erinnern und um diesen Jahrestag nicht nur mit unserer grundsätzlichen Kritik am tödlichen Grenzregime dieser Zeit zu verknüpfen, sondern auch mit der Kontinuität der Kämpfe für Bewegungsfreiheit. In zwei Monaten wird es genau 10 Jahre her sein, dass Flüchtlinge und Migrant:innen den Marsch der Hoffnung in Budapest begonnen haben. Am 3. September 2025 beschlossen Tausende von Menschen, die in Budapest am Keleti-Bahnhof von den ungarischen Behörden blockiert wurden, ihr Recht auf Bewegungsfreiheit durchzusetzen, indem sie auf die Autobahn in Richtung Österreich liefen. Am 4. September hatten sie ihre Forderung durchgesetzt und konnten mit Bussen zur österreichischen Grenze und von dort mit Zügen nach ganz Europa reisen. Über mehrere Monate hinweg konnten Korridore der Bewegungsfreiheit von Griechenland bis nach Schweden geöffnet werden, bis hin zur freien Wahl des Wohnsitzes. Das Dublin-System brach zusammen, und auch der Menschenschmuggel schmolz dahin. Und dies war die Zeit, in der die niedrigsten Todesraten an den EU-Grenzen verzeichnet wurde.

Der Sommer des Unerwarteten…

All dies geschah unerwartet und weder Politiker, Grenzschützer oder die sogenannten Risikoanalysen von Frontex, aber auch nicht die Solidaritätsbewegungen konnten die bevorstehende Dynamik vorhersehen. Im Frühjahr 2015 kamen mehrere Faktoren zusammen, die zum Sommer der Migration führten: die inakzeptablen Bedingungen im Nahen Osten mit Hunderttausenden von Menschen, die in der Türkei und im Libanon festsaßen, die neue griechische Syriza-Regierung, die die Restriktionen lockerte und die Migrationsbewegung endlich durchließ, und nicht zuletzt die Entschlossenheit der Menschen auf der Flucht, die im Mai bis August die Grenzen zu Mazedonien durch ihre große Anzahl sowie durch Interventionen lokaler NGOs öffneten und die Weiterreise nach Serbien und Ungarn ermöglichten. Nach mehreren Versuchen der Behörden, die Menschen umzuleiten und in Lagern zu halten, entwickelte der selbstorganisierte Marsch der Hoffnung und die folgenden Ereignisse eine eigene Dynamik. In den folgenden Wochen und Monaten des Herbstes 2015 wurden die Grenzen buchstäblich überrannt. Die Balkanstaaten errichteten verzweifelt improvisierte Grenzübergänge und seltsame Korridore, um die Kontrolle nicht völlig zu verlieren. Gleichzeitig bildeten sich entlang aller Routen Willkommensinitiativen, die hauptsächlich aus lokalen, aber auch aus internationalen Unterstützer:innen bestanden und die erstaunliche Solidaritätsstrukturen mit Lebensmitteln, Kleidung und Informationen für die Menschen auf der Flucht aufbauten.

Die Gegenreaktion und die Brutalisierung der Grenzen

Der militarisierte Zaun an der griechisch-mazedonischen Grenze mit Tausenden von blockierten Flüchtlingen und Migrant:innen auf den Feldern des griechischen Dorfes Idomeni sowie das EU-Türkei-Abkommen im März 2016 markierten den Beginn der Gegenreaktion. In den folgenden Jahren bis heute sind die Zustände auf allen Migrationsrouten mehr und mehr von einer Brutalisierung des Grenzregimes geprägt. Unterlassene Hilfeleistung und Sterben auf See, illegale und gewaltsame Push- und Pullbacks an Land- und Seegrenzen sind an der Tagesordnung und wurden in der gesamten EU zu “normalisierten” Praktiken von Menschenrechtsverletzungen durch Grenzschützer und Frontex. Weitere Vereinbarungen und “Memorandums of Understanding” mit den Regierungen der Maghrebstaaten beinhalten die Bezahlung, Lieferung von Ausrüstung und Ausbildung von Grenzschutzbeamten. Inhaftierung, Zwangsarbeit und Kettenabschiebungen, Folter und Vergewaltigung, Sklaverei und Pogrome sind die Folgen. Abschreckung um jeden Preis lautet die Strategie, mit der versucht wird, die Migrationskontrolle nach Nordafrika auszulagern.

Die Hartnäckigkeit der Kämpfe um das Recht auf Freizügigkeit

Aber zugleich wird überall auf den Migrationsrouten darum gekämpft, die Zielstädte in Europa zu erreichen, um Schutz oder ein besseres Leben zu finden. Die People on the Move ändern ihre Routen oder erfinden sie neu, um die blockierten Routen zu unterlaufen oder zu umgehen. Die Todesgefahr ist ihr ständiger Begleiter. Leid, Gewalt und Traumata sind der Preis der täglichen Auseinandersetzungen. In diesen umkämpften Räumen haben sich vielfältige Solidaritätsprojekte entwickelt, die nicht nur die Menschenrechtsverletzungen dokumentieren und dagegen protestieren, sondern auch Infrastrukturen für die Bewegungsfreiheit auf- und ausbauen: mit Nahrungsmitteln oder Unterkünften, mit Informationsplattformen oder Notruftelefonen, mit juristischen Interventionen oder zivilen Rettungsschiffen.

Die Aktionskette für Bewegungsfreiheit

Vor diesem Hintergrund rufen wir zu einer transnationalen Aktionskette im September und Oktober 2025 auf. Eine transnationale Online-Pressekonferenz wird am 4. September stattfinden, am Tag des historischen Durchbruchs des March of Hope in Budapest im Jahr 2015. Wir werden die verschiedenen Orte und Mobilisierungen in einem gemeinsamen Rahmen verknüpfen. Bislang sind dies unter anderem:

– ein Solidaritäts- und Widerstandscamp in Biesenthal bei Berlin vom 4. bis 7. September, das von zivilen Such- und Rettungsorganisationen vorbereitet wird;

– eine Protestregatta namens F.Lotta rund um Lampedusa um den 10. September, siehe https://flotta.noblogs.org/;

– ein zweitägiger Protest vor dem UNHCR- und IOM-Hauptquartier in Genf mit einer Demonstration gegen Lager und Internierung am 12. und 13. September, der von lokalen Gruppen in Genf gemeinsam mit Refugees in Libya organisiert wird;

– die Karawane für Bewegungsfreiheit und gleiche Rechte von Thüringen nach Berlin vom 20. bis 27. September, mit einer Abschlussparade in der Hauptstadt, organisiert vom Netzwerk We`ll Come United, siehe https://www.welcome-united.org/en/;

– eine transnationale Konferenz vom 3. bis 5. Oktober in Rabat anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Migrant:innenselbstorganisation in Marokko und des zehnjährigen Bestehens des Rasthauses “Baobab” für Frauen in Bewegung; mitorganisiert vom Netzwerk Afrique-Europe-Interact;

– Aktionstage in Rom im Rahmen der Kampagne gegen die Verlängerung des Memorandum of Understanding zwischen Italien und Libyen Mitte Oktober, initiiert von Refugees in Libya, siehe https://www.refugeesinlibya.org/post/invitation-to-the-press-conference-....

Wir laden dazu ein, sich diesen Aktionen anzuschließen und dafür zu mobilisieren, und wir rufen auf zu weiteren, auch kleineren Initiativen und Veranstaltungen während dieser Wochen im September und Oktober.

Wir leben heute in einer “postmigrantischen” Gesellschaft der Vielen. Das ist nicht zuletzt unser Erbe aus dem Jahr 2015, und darauf wollen wir aufbauen. Bewegungsfreiheit ist möglich, wir haben es gesehen und wir sehen es jeden Tag in den Rissen an den europäischen Grenzen! Solidarität gibt es noch immer und sie kann die Grundlage sein für eine bessere Gesellschaft, in der Alle frei und gleichberechtigt leben können!

Koalition für Freizügigkeit

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